Impuls zum 29. Dezember 2024
Von Stefan Voges, Geistlicher Beirat von pax christi Aachen
Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung
„Alle hoffen. Im Herzen eines jeden Menschen lebt die Hoffnung als Wunsch und Erwartung des Guten, auch wenn er nicht weiß, was das Morgen bringen wird. Die Unvorhersehbarkeit der Zukunft ruft jedoch teilweise widersprüchliche Gefühle hervor: von der Zuversicht zur Angst, von der Gelassenheit zur Verzweiflung, von der Gewissheit zum Zweifel. Oft begegnen wir entmutigten Menschen, die mit Skepsis und Pessimismus in die Zukunft blicken, so als ob ihnen nichts Glück bereiten könnte. Möge das Heilige Jahr für alle eine Gelegenheit sein, die Hoffnung wieder aufleben zu lassen.“ (Papst Franziskus, Spes non confundit)
Heute wird weltweit in den katholischen Bistümern das Heilige Jahr 2025 eröffnet, nachdem Papst Franziskus bereits am 24. Dezember in Rom die Heilige Pforte des Petersdoms geöffnet hat. Das Jubiläum steht unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“. Das ist ein zeitloses Motto und zugleich von brennender Aktualität. Denn es stellt, gerade wenn es auf den Jahreswechsel mit dem einen oder anderen Rückblick trifft, unausweichliche Fragen: Was lässt mich hoffen? Worauf richte ich meine Hoffnung? Was setzt mich in Bewegung?
Zeichen der Zeit in Zeichen der Hoffnung verwandeln
In seiner Verkündigungsbulle „Spes non confundit“, „Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“, stellt Papst Franziskus eine herausfordernde und schöne Aufgabe. Er fordert auf, Hoffnung nicht nur aus der liebenden Zuwendung Gottes zu schöpfen, sondern sie auch in den Zeichen der Zeit wiederzuentdecken. „Wir müssen auf das viele Gute in der Welt achten, um nicht in die Versuchung zu geraten, das Böse und die Gewalt für übermächtig zu halten. Aber die Zeichen der Zeit, die die Sehnsucht des menschlichen Herzens einschließen, das der rettenden Gegenwart Gottes bedarf, verlangen danach, in Zeichen der Hoffnung verwandelt zu werden.“
Von den Zeichen der Hoffnung, die der Papst aufzählt, möchte ich nur drei wiedergeben. Sie wollen Mut machen und uns in Bewegung bringen, wieder neu, als Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung.
„Das erste Zeichen der Hoffnung möge sich als Frieden für die Welt verwirklichen, die sich wieder einmal inmitten der Tragödie des Krieges befindet. Weil die Menschheit die Dramen der Vergangenheit vergisst, wird sie von einer neuen, schwierigen Prüfung heimgesucht, bei der viele Völker von der Brutalität der Gewalt getroffen werden. Was steht diesen Völkern denn noch bevor, was sie nicht schon erlitten hätten? Wie ist es möglich, dass ihr verzweifelter Hilfeschrei die Verantwortlichen der Nationen nicht dazu bewegt, den allzu vielen regionalen Konflikten ein Ende zu setzen, wohl wissend um die Folgen, die sich weltweit aus ihnen ergeben könnten? Ist es ein zu großer Traum, dass die Waffen schweigen und aufhören, Zerstörung und Tod zu bringen? Das Heilige Jahr möge uns daran erinnern, dass man diejenigen, die ‚Frieden stiften‘, ‚Kinder Gottes‘ wird nennen können (Mt 5,9). Die Dringlichkeit des Friedens fordert uns alle heraus und verlangt von uns konkrete Projekte. Die Diplomatie darf in ihrem Bemühen nicht nachlassen, mutig und kreativ Verhandlungsräume für einen dauerhaften Frieden zu schaffen.“
„Zeichen der Hoffnung müssen den Kranken gegeben werden, die sich zu Hause oder im Krankenhaus befinden. Mögen ihre Leiden durch die Nähe von Menschen, die sie besuchen, und durch die Zuwendung, die sie erhalten, gelindert werden. Die Werke der Barmherzigkeit sind auch Werke der Hoffnung, die in den Herzen Dankbarkeit wachrufen. Und die Dankbarkeit soll alle Mitarbeiter des Gesundheitswesens erreichen, die unter oftmals schwierigen Bedingungen ihren Dienst mit liebevoller Fürsorge für die Kranken und Schwächsten ausüben.
Es darf nicht an umfassender Aufmerksamkeit für diejenigen fehlen, die unter besonders schwierigen Lebensbedingungen die eigene Schwäche erfahren, insbesondere, wenn sie an Krankheiten oder Behinderungen leiden, die ihre persönliche Autonomie stark einschränken. Für sie zu sorgen ist wie ein Lobgesang auf die Menschenwürde, ein Lied der Hoffnung, das das Zusammenspiel der gesamten Gesellschaft erfordert.“
„Um Hoffnung bitte ich eindringlich für die Milliarden von Armen, denen oft das Lebensnotwendige fehlt. Angesichts immer neuer Wellen der Verarmung besteht die Gefahr der Gewöhnung und Resignation. Aber wir dürfen unseren Blick nicht von solch dramatischen Situationen abwenden, die inzwischen überall anzutreffen sind, nicht nur in bestimmten Gegenden der Welt. Wir begegnen jeden Tag armen oder verarmten Menschen, bisweilen können das gar unsere Nachbarn sein. Sie haben oft weder ein Zuhause noch ausreichend Nahrung für den Tag. Sie leiden unter der Ausgrenzung und der Gleichgültigkeit von vielen. Es ist ein Skandal, dass in einer Welt, die über enorme Ressourcen verfügt, von denen ein Großteil in Rüstungsgüter fließt, die Armen ‚der größte Teil [sind], Milliarden von Menschen. Heute kommen sie in den internationalen politischen und wirtschaftlichen Debatten vor, doch oft scheint es, dass ihre Probleme gleichsam als ein Anhängsel angegangen werden, wie eine Frage, die man fast pflichtgemäß oder ganz am Rande anfügt, wenn man sie nicht als bloßen Kollateralschaden betrachtet. Tatsächlich bleiben sie im Moment der konkreten Verwirklichung oft auf dem letzten Platz‘ (Laudato si’ 49). Vergessen wir nicht: Die Armen sind fast immer Opfer, nicht Täter.“
Der Grund unserer Hoffnung
Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung haben nicht nur ein Ziel, auf das sie zugehen. Sie haben auch einen Grund, der sie trägt, der sie immer neu aufbrechen lässt. Papst Franziskus drückt dies in der Sprache des Glaubens und mit einem wunderbaren Zitat des Apostels Paulus aus:
„Es ist nämlich der Heilige Geist, der mit seiner beständigen Gegenwart in der pilgernden Kirche das Licht der Hoffnung in den Gläubigen verbreitet. Er lässt es brennen wie eine Fackel, die nie erlischt, um unserem Leben Halt und Kraft zu geben. Tatsächlich täuscht die christliche Hoffnung nicht und sie enttäuscht nicht, denn sie gründet sich auf die Gewissheit, dass nichts und niemand uns jemals von der göttlichen Liebe trennen kann: ‚Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? [...] Doch in alldem tragen wir einen glänzenden Sieg davon durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn‘ (Röm 8,35.37-39). Deshalb bricht diese Hoffnung angesichts von Schwierigkeiten nicht zusammen.“
Möge das Licht der Hoffnung
unsere Suche nach Frieden inspirieren.
Möge die Gewissheit der unverbrüchlichen Nähe Gottes
ein tragender Grund unserer Gemeinschaft in pax christi sein.
Möge die Liebe Gottes
das neue Jahr für jede und jeden einzelnen zu einem heiligen Jahr werden lassen.
Klänge der Hoffnung
Sounds of Hope - Markus Stockhausen Group